Meinungen zum Thema „Judensau“-Skulpturen an deutschen Kirchen

„I am truly grateful that someone of your standing and reputation is ready to fight the propagation of anti-Semitism, even when it dates back to the middle-ages, with such concern and empathy for the persecuted.”
Prof. Guy Stern, Wayne State University, Detroit

„Zu aller erst möchte ich Ihnen und Ihrem Kollegen danken für Ihre Aktion in Regensburg, für Ihr Mitgefühl und Ihre Zivilcourage. Sie können gar nicht ermessen, wie viel Trost und Freude Sie mir dadurch geschenkt haben. Ich war eines der vielen Kinder, die auf der Straße und in der Schule mit dem schrecklichen Wort "Judensau" gedemütigt wurden. Ich habe es so oft gehört und gelesen, bis ich mich selbst jahrzehntelang als minderwertig hielt. Jetzt weiß ich nicht, ob bei mir die Wut oder die Trauer überwiegt, wenn ich erfahre, dass eine so abscheuliche Figur wie die "Judensau" noch heute an Kirchen zu sehen ist.

Die Erklärung des Generalvikars Gegenfurtner ist mir vollkommen unverständlich. Wenn ihn schon nicht die Tatsache mit Scham erfüllt, dass an seiner Kirche eine Figur angebracht ist, die zahlreiche andere Menschen unerträglich erniedrigt, so sollte er doch daran denken, dass der Herr und Gründer der Kirche ein Jude war. Daher kommt es nach meinem Gefühl einer Gotteslästerung gleich jede Verantwortung für die weitere kommentarlose Zurschaustellung einer so herabwürdigenden Steinplastik abzulehnen und keinerlei Absicht zu zeigen etwas dagegen zu unternehmen.“
M. Strasser, München

"Ich bin dafür, dass das Bild der Judensau in der Kirche bleibt. Bei der Verbannung des Bildes ins Museum kommt es nur zu einer historischen Auseinandersetzung. Mit den kirchlichen antijudaistischen Bildern muss man sich aber vor allem theologisch auseinandersetzen und das am besten innerhalb des Kirchenraumes. Es genügt auch nicht, nur bei Kirchenführungen auf das Problem hinzuweisen. Denn 90% der Urlauber, die Kirchen besuchen, gehen ohne Guide in die Kirche. Daher bedarf es eines informativen und distanzierenden Schildes neben einem solch schlimmen antijudaistischen Bildwerk. Als erstes müssen sich die Kirchengemeinden vor Ort mit dem Schanderbe auseinandersetzen."
Pfarrer Oliver Gussmann, Rothenburg

“Die Problematik der “Judensau”-Skulpturen beschäftigt auch den Zentralrat bereits seit einigen Jahren. In diesem Zusammenhang darf ich Ihnen unsere volle Unterstützung - auch im Namen des Gedenkstättenbeauftragten und Vizepräsidenten des Zentralrats, Dr. Salomon Korn - zusichern. Die "Judensauen" sind Dokumentationen der Zeit und sollten mit entsprechenden Erläuterungstafeln versehen werden. Ein Abnehmen der Skulpturen ist auf gar keinen Fall eine Lösung des Problems. (...) Seien Sie versichert, daß wir Sie in Ihren Bemühungen vollumfänglich unterstützen werden.“
Zentralrat der Juden in Deutschland

"Wie aber geht man nun mit solchen Zeugnissen um?...Allerdings meine ich, daß man Bildnisse, die dem Geist des Evangeliums zuwiderlaufen und widersprechen, tatsächlich aus sakralen Räumen entfernen sollte, und zwar unbeschadet ihres künstlerischen Wertes. Man mag das einen Bildersturm unter anderen Vorzeichen nennen, doch ist ein Haus Gottes kein Ort, um dem Haß Raum zu geben. Die Geschichte des christlichen Antijudaismus ist viel zu hartnäckig in die Geschichte der Kirche eingeschrieben, als daß man auf symbolische Handlungen, und das wäre die Entfernung solcher Bildnisse, verzichten könnte."
Prof. Rainer Kampling, Humbold Universität, Berlin

„Ich kann Sie nur bestärken, in Ihrer Aktion fortzufahren, unabhängig davon, wie sich jüdische oder nichtjüdische Offizielle dazu verhalten. ... Sie sind auf dem richtigen Weg.“
Dr. Salomon Korn

„Von einer Mönchssau oder einer Pfaffensau ist sprichwörtlich nirgendwo die Rede. Aber die Judensau ist zum Inbegriff der wuchernden christlichen Judenfeindschaft in Deutschland geworden. Und damit hat die seit den Kreuzzügen so intensivierte und konzentrierte Feindschaft der Christen gegen die Juden ihren bildlichen Nenner gefunden. (... ) Die Judensau macht die verheerende und alles verwüstende Krankheit sichtbar, die inmitten des Christentums entstanden und bis heute nicht völlig überwunden ist: den christlichen Antisemitismus. (...)

Die entscheidende Antwort in allem heißt: Wir dürfen diese Schandbilder in und an unseren Kirchen und Häusern und in unseren Köpfen und Herzen nicht auf sich beruhen lassen.“
Marten Marquard, Philip-Melanchthon-Akademie, Köln

„Wir haben uns mit diesem Thema im Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden befasst und sind zu derselben Meinung wie Sie gekommen, dass die antisemitischen Skulpturen mit einer erklärenden Tafel versehen werden sollen.“
Otto Schwerdt, Regensburg

„Wir danken Ihnen dafür, dass Sie sich so verdienstvoll in einer Angelegenheit engagieren, in der auch wir eindeutig Handlungsbedarf sehen. Eine Kommentierung der antijudaistischen Skulpturen ist dringend notwendig, und dieser Auffassung ist auch der Präsident des Landesverbandes, Herr Dr. Schuster, der die Interessen der bayerischen Gemeinden im Zentralrat vertritt.“
Zentralrat der Juden in Deutschland

Dieses für uns besonders abstoßende Schandbild, das den Glauben und die Saugsucht der Juden denunzierte, war, wie wir wissen, weit verbreitet – nicht nur an Kirchen auch auf Flugblättern. Es hat eine theologische Seite – Angriff auf den Synagogenglauben – und es hat eine hetzerische Wirkung, die zurecht an die Pogrome denken lässt, die vom 14. bis zum 16. Jahrhundert nicht selten waren. Die „Judensäue“ gehören zum Bild, zur Ikonographie der mittelalterlichen Kirche. Man sollte sie nicht entfernen, wohl aber benennen und als Symbole des kirchlichen Anti-Judaismus (nicht Antisemitismus, das muss man auseinander halten) bewusst machen. Sie gehören in den scheußlichen Zusammenhang der religiösen Judenverfolgung.
Prof. Willibald Sauerländer, München 19.08.2005

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